
Sie treffen sich regelmäßig ein Mal in der Woche um zu klönen, Kaffee zu trinken, aber vor allem um zu häkeln, sticken oder zu stricken. Der Handarbeitskreis der Evangelischen Gemeinde Gröpelingen und Oslebshausen engagiert sich für Gröpelingen und für einen guten Zweck.
Die Einnahmen von den selbst hergestellten Socken, Schürzen und Mützen gehen an drei Alteneinrichtungen im Stadtteil. Renate Kruschinsky, Erika Wendler und Hertha Löpert über wohltätige Handarbeiten, Wolle-Spenden und das Entscheidende beim Gröpelinger Sommer.
Seit wann gibt es Ihre Gruppe?
Wendler: Bestimmt schon 35 Jahre. Wir haben damals unter Pastor Sauter angefangen und zuerst für das SOS-Kinderdorf gestrickt.
Kruschinsky: Seitdem sind wir mehrfach umgezogen. Jetzt sind wir schon lange hier im Gemeindetreffpunkt in der Lindenhofstraße. Außer mir wohnen alle in Gröpelingen, ich bin hier geboren, aufgewachsen und komme jetzt aus Burglesum dazu. Wir sind eine offene Gruppe, im Gemeindeplan stehen wir als Bastelgruppe, aber wir machen Handarbeiten.
Wendler: Wir treffen uns hier, aber das meiste machen wir zu Hause. Hier schafft man nicht so viel. Wir treffen uns einmal in der Woche, um uns auszutauschen und alles zu planen. Und nebenbei stricken wir auch.
Wo haben Sie stricken gelernt?
Wendler: Das weiß ich nicht mehr, das kommt aus der Familie.
Kruschinsky: Meine Mutter legte immer viel Wert darauf, dass wir selbstgestrickte und selbst genähte Sachen anzogen. Als Kind haben mich die Anproben genervt. Ich habe das Handarbeiten auch zu Hause gelernt, nicht in der Schule.
Können hier alle gut stricken?
Wendler: Wir zeigen uns manchmal Sachen und geben uns Tipps, aber die Grundfertigkeiten muss man schon mitbringen. Mittlerweile sind wir nur noch sechs. Es wird immer schwerer Nachwuchs zu finden. Die wenigsten möchten heute etwas umsonst machen. Oder sie wollen nur etwas für die eigene Familie stricken und nicht für andere.
Sie stricken für einen guten Zweck. Wie funktioniert das?
Kruschinsky: Wir verarbeiten das, was wie an Spenden bekommen und verkaufen es auf Basaren in Altenheimen oder beim Gröpelinger Sommer. Früher hatten wir auch regelmäßig einen Stand hier auf dem Grünmarkt. Der Erlös geht an drei Altenheime in Gröpelingen.
Wendler: Die Einrichtungen entscheiden selbst, was mit dem Geld passiert. Uns ist nur wichtig, dass das Geld nicht in den großen Pott fließt, sondern dass etwas Besonders davon angeschafft wird. Etwas, was das normale Budget nicht hergibt. Ein Altenheim hat einen Demenz-Wagen davon gekauft. Der kam so gut an, dass sie jetzt noch einen zweiten möchte. Der Schatzmeister hat mal ausgerechnet, dass wir in den Jahren schon für über 35.000 € Sachen hergestellt und verkauft haben, da könnte man ein Haus mit anzahlen.
Dahinter steckt – was viele nicht wissen – viel Arbeit. Nicht nur die Handarbeit. Wir müssen die Sachen lagern, einpacken, mit dem Auto transportieren, aufbauen, verkaufen. Das muss alles organisiert werden. Wir brauchen jemanden, der uns mit dem Auto fährt. Und wir sind darauf angewiesen, dass wir Stoffe und Wolle gespendet bekommen. Das wird auch immer schwieriger.
Was haben Sie persönlich denn davon?
Wendler: Wenn man anderen etwas Gutes tut, tut man auch sich selber gut. Außerdem kommen wir viel herum, wir gehen in die Alteneinrichtungen. Dort kennt man uns schon und freut sich, wenn wir kommen. Wer weiß, wozu das mal gut ist. Jeder wird älter.
Jetzt stricken Sie für den Stand am Gröpelinger Sommer. Worauf können sich die Besucher freuen?
Wendler: Beim Gröpelinger Sommer ist es praktisch, da haben wir alles vor der Tür und bringen unsere Sachen nur noch raus. Stand und Zelt sind ja schon aufgebaut. Wir haben von allem etwas im Sortiment. Sehr gut laufen Babyschuhe und kleine Mützchen, aber auch Socken, Schals, Stulpen, Pulswärmer oder selbst genähte Beutel. Entscheidend ist das Wetter, es darf nicht zu heiß sein.
Ich kaufe bei Ihnen immer gerne warme Socken. Haben Sie noch mehr Stammkunden?
Kruschinsky: Inzwischen kennen uns viele und es kommen einige gezielt vorbei. Man geht auch selber gerne mal eine Runde herum, zu den anderen Ständen gucken und unterhält sich. Mir gefällt die Atmosphäre gut.
Wendler: Was mir nicht gefällt, ist dass manche alles für einen Euro oder geschenkt haben möchten. Das geht nicht. Jeder, der selber strickt, weiß, wie viel Arbeit in so einem Paar Socken steckt. Wenn wir mal etwas nicht verkaufen, spenden wir die Sachen an Obdachlose, die freuen sich auch.
Löpert: Früher habe ich noch größere Sachen gestrickt, Westen mit komplizierten Mustern. Da kam einmal eine Dame und meinte, wir wären Halsabschneider, weil wir die Westen für 25 Euro verkaufen. Das hat mir richtig nachgehangen. Wenn man das Material berechnet und die Arbeit, ist das nicht zu teuer.
Wendler: Andere wollen Sachen wie selbstgestrickte Pullover in Auftrag geben. Das machen wir auch nicht. Was soll man dafür nehmen? Und hinterher gefällt es nicht…
Die Strick-Guerilla möchte mit Stricken den öffentlichen Raum verschönern? Wie finden Sie das?
Wendler: Wenn ich ehrlich bin, ist das für mich Materialverschwendung. Man könnte Sinnvolleres damit machen zum Beispiel einen Pullover.
Kruschinsky: Ich finde es eigentlich ganz witzig. Das gab es auch hier in Gröpelingen. Aber das ist mittlerweile schon wieder out, oder?
Stricken soll ja gesund sein. Ergotherapeuten sagen, dass man durch die Konzentration auf die Bewegung entspannt und ruhig wird?
Wendler: Das stimmt auf alle Fälle! Ich habe manchmal zitternde Beine und wenn ich stricke, geht das nach einer Weile weg. Medikamente helfen da nicht.
Löpert: Ich bin froh, dass meine Hände das in meinem Alter (92 Jahre) noch mitmachen. Mich beruhigt Stricken. Wenn es bei uns zu Hause Streit gab, wie es in jeder Familie vorkommt, bin ich aus dem Zimmer gegangen und hab erst mal ein paar Zentimeter gestrickt. Dann ging es mir besser. Meine Tochter sagte dann immer zu meinem Mann: „Sie strickt wieder.“
Der Handarbeitskreis der Evangelischen Gemeinde Gröpelingen und Oslebshausen trifft sich wöchentlich im Gemeindetreffpunkt, Lindenhofstraße 18. Die Damen freuen sich über Verstärkung und Materialspenden.
Kontakt: Gemeindebüro Frau Lummer Tel. 0421-614001
Das Interview führte Eva Determann.