Gröpelinger Ersatzreliquienhandel – Koschnicks Tränen stehen unter Glas zum Verkauf

Der Weser-Kurier berichtet am 27.10.2005:

„Die Ausstellungsstücke wirken gar wunderlich. Eine kleine Flasche in der Flasche, ein Zigarrenstumpen unter Glas, reihenweise Marmeladengläser mit Flüssigkeit, eine einzelne Kaffeebohne – komische Exponate, was soll das? In einem großen Gröpelinger Laden könnte der Besucher der dortigen Schau schon ins Grübeln kommen. „Gröpelinger Ersatzreliquienhandel“ nennt der Verein Kultur vor Ort sein Kunstprojekt, das ab morgen in der Gröpelinger Heerstraße 198 zu sehen ist. Unter der Regie des in Sachen Reliquien erfahrenen Künstlers Peter Klug hat hier eine Gruppe vonGröpelingern mit Studierenden der Fachhochschule Ottersberg eine alte Idee erstaunlich witzig umgesetzt. Peter Klug hatte nämlich vor zehn Jahren mit seiner Künstlergruppe „Die Oberen Zehntausend“ im Viertel einen Reliquienhandel aufgezogen, bei dem die Besucher unter anderem eine Kinderhose von Marylin Monroe oder eine Locke Schillers bewundern und kaufen konnten. Die rund 200 Gröpelinger Ausstellungsstücke sind alle dazu angetan, sich an die angeblich so großen Zeiten dieses Bremer Stadtteils zu erinnern. Der Niedergang in den vergangenen zwei Jahrzehnten, der damit einhergehendeWandel machen es nach Auffassung von Christiane Gärtner aus dem Kulturverein nötig, dass sich Gröpelingen neu erfindet, ein neuesGefühl von Stolz und Heimat entwickelt. Und dabei soll der Ersatzreliquienhandel helfen. Historische Wahrheiten spielen dabei nur ganz am Rande eine Rolle – wichtig sind den 30 Initiatoren vor allem die Geschichten um die eigentlich ganz alltäglichen Ausstellungsstücke. Diese Geschichten werden in der Galerie erzählt. Der Besucher findet an den Exponaten eine Nummer, einen Titel und einen Preis, der sich inklusive der aufgeschriebenen Geschichte zwischen 2,50 Euro und 187 Euro bewegt. Diese Geschichten haben es in sich, sind witzig, überraschend, traurig und manchmal völlig überdreht. Die Flasche in der Flasche – sie enthält angeblich die Tränen von Hans Koschnick, die er bei der Schließung der AG Weser Werft vergossen hat. Der Zigarrenstumpen –Willy Brandt hat ihn bei einer Schiffstaufe angeblich achtlos weggeworfen. Die gefüllten Marmeladengläser enthalten angeblich den Schweiß der Läufer des Gröpelinger Citylaufes, die einzelne Kaffeebohne leitete angeblich das Zeitalter der Entkoffeinierung durch Ludwig Roselius ein. Wenn’s denn nicht wahr ist, so ist es doch gut erfunden. Der Gröpelinger Ersatzreliquienhandel wird am Freitag, 28. Oktober, nach einer um 18 Uhr am Torhaus Nord, Liegnitzstraße 63, startenden Prozession ab 19 Uhr eröffnet. Die Ausstellung ist dann bis 20. November dienstags und donnerstags von 16 bis 18 Uhr, sonnabends von 10 bis 14 Uhr und sonntags von 11 bis 16 Uhr zu sehen. Dazu gibt es einige Vorträge und Sonderveranstaltungen, auf die wir noch hinweisen werden. Koschnicks Tränen unter Glas stehen zum Verkauf In Gröpelingen eröffnet Ersatzreliquienhandel als Kunstprojekt des Vereins Kultur vor Ort / 200 Exponate mit erstaunlichen Geschichten“ (P.Groth)

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